Vier Fragen an Tristan Sontowski


Wie erlebst Du die Zeit der Corona-Krise? Wie wirkt sich das auf Deinen Alltag und Dein Schaffen aus?

Man lebt so vor sich hin. Wenn ich letztes Jahr im Januar den Kater der Feiertage mit Familie und Freunden und den ganzen Veranstaltungen aus dem Dezember ausgeschlafen habe und mich gerade wieder mental darauf vorbereiten konnte, dass es wieder losgeht, weiß ich dieses Jahr nicht einmal, wann es überhaupt richtige Veranstaltungen geben wird. Das letzte Konzert, welches wir veranstalten konnten, war im Oktober. Das war auch trotz Corona-Regelungen gut besucht und die Besucher wussten dies zu schätzen. Niemand konnte ahnen, dass wir uns auf eine so lange Durststrecke hinbewegen. Die Unsicherheit ist groß, gerade weil die Maßnahmen immer schärfer werden und die Halle 101, das Herzstück unserer Vereinsarbeit, als Testzentrum benötigt wird. Aber auch als Musiker ist es momentan mehr als deprimierend ohne die regelmäßigen Proben und die Gigs. Man hinterfragt sich selbst in vielen Dingen und schmiedet Pläne, welche hoffentlich irgendwann mal in die Tat umgesetzt werden können. Als Ausgleich habe ich Ablenkung in anderen Dingen gesucht, z.B. in der heimischen Werkstatt, aber das kann die Musik und die Vereinstätigkeit nicht ersetzen.

Es wurden jede Menge Hilfspakete geschnürt – auch für Kulturschaffende und die Veranstaltungsbranche. Funktioniert das für Dich?

Ich selbst beziehe keine Hilfspakete, aber für den Verein funktioniert es momentan noch. Gerade deswegen müssen wir umdenken und das Ruder selbst in die Hand nehmen. Auf die Hilfe von außen können wir uns dauerhaft nicht verlassen.

Was glaubst Du, wie sich die derzeitige Situation auf die Zukunft für Kulturschaffende bzw. die Veranstaltungsbranche auswirkt?

Ich denke, es wird sich einiges ändern. Viele werden oder haben sich schon aus der Branche zurückgezogen. Wenn das alles mal vorbei ist, müssen wir wohl versuchen die Scherben zusammen zu kehren um herauszufinden, welcher unserer alten Partner noch im Geschäft ist. Es wird bestimmt schwieriger als damals ein Konzert zu organisieren. Denn die Angst vor dem Virus ist bei den Menschen im Kopf eingepflanzt und selbst wenn die Corona-Krise bald Geschichte ist, werden sie anfangs nicht wieder so ausgelassen feiern können wie vor der Pandemie. Die Techniker, Caterer, Veranstalter, Künstler, usw. werden ihre Lehre daraus gezogen haben und höhere Preise verlangen, um mehr Rücklagen bilden zu können. Das muss dann eben der Besucher zahlen. Vielleicht bleibt die ein oder andere Verordnung für Veranstaltungen auch dauerhaft und es wird beispielsweise „normal“ eine Metal-Show im Sitzen zu verfolgen.

Was erwartest Du von der Politik für die Zeit nach Corona?

Ich erwarte jetzt von der Regierung Kulturschaffende mehr zu respektieren. Nach Corona ist es vielleicht schon zu spät für die meisten. Die Arbeit in dieser Branche hat dieselbe Anerkennung verdient wie die der anderen Geschäftszweige. Es herrscht ein großes Ungleichgewicht in der Verteilung von Hilfen und das darf nicht sein. Hinzu kommt, dass die finanziellen Hilfen oft nicht für jeden umsetzbar sind oder in manchen Fällen sogar zurückgefordert werden. Das schafft nur mehr Unsicherheit. Etwas mehr Unterstützung und Solidarität wäre wirklich wünschenswert.
Regionalpolitisch wurden hier in Speyer bereits die richtigen Wege beschritten. Man merkt eben, wer sich für einen einsetzt und sich engagiert und wer Kunst und Kultur hintenanstellt.


Mehr über den Rockmusikerverein Speyer