Vier Fragen an Cornelia Benz


Wie erlebst Du die Zeit der Corona-Krise? Wie wirkt sich das auf Deinen Alltag und Dein Schaffen aus?

Ich bin Gästeführerin mit Leib und Seele – es ist mein Hobby. Die erste Welle traf die Gästeführer von Speyer in einer tourismusschwachen Zeit. Januar bis April sind erfahrungsgemäß eher schwache Monate. Daher war der erste Lockdown anfangs nicht so spürbar. Allerdings kamen dann im Laufe der folgenden Monate bereits Stornierungen fürs Spätjahr, was daran lag, dass gerade die ausländischen Gäste ausblieben. Seitens der Stadt wurden im ersten Lockdown Konzepte erarbeitet, wie wir nach den ersten Lockerungen unter Hygienebedingungen wieder erste Gäste in Speyer begrüßen können. Audio-Systeme wurden angeschafft, die Gruppengröße verkleinert, Maskenpflicht für beide Seiten eingeführt. Und dann ging es mit ersten Führungen wieder los. Das war für beide Seiten, also für Gast und Gästeführer, vergleichbar mit einem langen harten Winter, wenn sich das erste Grün des Frühjahres zeigt. Die Gäste waren glücklich, trotz Auflagen, Speyer wieder besuchen zu können und mit einer Führung die Geschichte lebendig zu erfahren. Gleichzeitig waren beide Parteien auch bescheiden und demütig, weil man sah, wie schnell und absolut eine globale Pandemie das tägliche Leben ersticken kann. Schon vor dem zweiten Lockdown wurden dann die restlichen Buchungen storniert und das Leben der Gästeführer ist wieder in den Dornröschenschlaf gefallen.
Mich hat der zweite Lockdown im doppelten Sinne getroffen: Seit August des Jahres endlich in der Altersteilzeit, habe ich mir die ‚neue Freiheit‘ anders vorgestellt. Außer einer einwöchigen Reise haben mein Mann und ich alles andere storniert. Die Museen sind wieder geschlossen und die Führungen weggefallen. Das ist in etwa von 150 % Aktivität auf 10 % runterzuschrauben. Nicht ganz einfach, sich den Tag zur Zufriedenheit zu gestalten. Jetzt ziehe ich öfters mit der Kamera um die Ecken, gehe viel spazieren, telefoniere viel, um den Kontakt zu Freunden aufrecht zu erhalten. Vertiefende Literatur über Speyer liegt jetzt auf dem Bücherstapel obenauf. Und als Vorstand der IGS – Interessengemeinschaft der Gästeführer Speyer mit derzeit 65 Mitgliedern – versuche ich unsere Homepage voranzutreiben, um damit endlich öffentlich auftreten zu können. Einmal in der Woche neue Rezepte über ein Drei-Gänge-Menü ausprobieren, habe ich mir ebenfalls auferlegt. Immer wieder spannend - mein Mann hat bis jetzt überlebt!

Es wurden jede Menge Hilfspakete geschnürt – auch für Kulturschaffende und die Veranstaltungsbranche. Funktioniert das für Dich?

Für mich selbst sind Gästeführungen ein Hobby. Ich bin finanziell nicht auf diese Einnahmen angewiesen. Andere sind Rentner und Berufstätige, die ebenfalls aus Spaß an der Freude führen und sich über das Entgelt freuen. Allerdings verbessern einige GF in den stark frequentierten Monaten damit ihre Einkommensgrundlage. Für diese Kollegen war das ein sehr schwieriges Jahr. Die Tourist-Info hat dabei unterstützt, sie zwischen dem ersten und zweiten Lockdown als Aufsichtspersonen in Museen und kulturellen Einrichtungen einzubinden, und somit den Lebensunterhalt ein wenig mehr abgesichert. Hilfe für unsere Mitglieder kam auch vom Bundesverband der Gästeführer Deutschlands (BVGD), bei dem die IGS Mitglied ist. Mit Tipps und Ratschlägen für selbstständige Gästeführer hat er über all die Monate Hilfe angeboten. Der BVGD hat darüber hinaus den Verband der Gründer und Selbstständigen bei der Ausgestaltung der Corona-Hilfen, die in einem Petitionsausschuss am 7.12. behandelt wurden, unterstützt.

Was glaubst Du, wie sich die derzeitige Situation auf die Zukunft für Kulturschaffende bzw. die Veranstaltungsbranche auswirkt?

Man mag sich das gar nicht vorstellen, wie Kulturschaffende von z.B. Kleinkunstbühnen, Musiker ohne festes Engagement etc. derzeit überleben können. Es ist auch nicht abzusehen, wie lange sich das alles noch hinziehen und wann wieder Normalität sein wird. Schreckliche Ängste und Verzweiflung müssen das sein, wenn da von staatlicher Seite keine Unterstützung zu erwarten ist.

Was erwartest Du von der Politik für die Zeit nach Corona?

Gerade Europa ist bekannt für die Dichte seiner Kulturangebote: Eine Dichte an Geschichte, Kunst, Musik, Theater und anderen Sparten. Dieses Kulturgut muss besser gewürdigt - nicht nur konsumiert werden. Und wenn uns diese Würdigung seitens der Zuschauer und Zuhörer für die Kulturschaffenden gelingt, wird auch eine finanzielle Unterstützung seitens der Politik auf Akzeptanz treffen. Kultur bereichert unser Leben, ist wichtig für das Gemeinwohl. Die Politik sollte Unterstützungsleistungen für Kulturschaffende ausarbeiten oder eine Möglichkeit in die Wege leiten, sich mit kleinem Geld für solchen Zeiten versichern zu können.


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