Vier Fragen an Markus Melchiori


Wie erlebst Du die Zeit der Corona-Krise? Wie wirkt sich das auf Deinen Alltag und Dein Schaffen aus?

Die Corona-Krise hat meinen Alltag, erheblich umgekrempelt. Wo vor einem Jahr noch die praktische Probenarbeit in unseren großen Chorgruppen im Vordergrund stand, versuche ich mit meinem ganzen Team viele Dinge auf digitale Angebote umzustellen. Unser gesamter Domsingschul-Alltag musste in allen Bereichen (Proben, Stimmbildung, Instrumentalunterricht, Grundschulbetrieb, Hausaufgabenbetreuung) völlig neu gedacht und der jeweils geltenden Verordnung angepasst werden.
Proben und Aufführungen in kleineren Ensembles setzten bislang aber auch viel Kreativität und Ideen frei.
Unsere Kernaufgabe, die musikalische Gestaltung der Gottesdienste im Dom, hat dabei oberste Priorität und steht im Mittelpunkt meiner täglichen Arbeit.

Es wurden jede Menge Hilfspakete geschnürt – auch für Kulturschaffende und die Veranstaltungsbranche. Funktioniert das für Dich?

Von den Hilfspakten, die Bund, Land und Stadt an freischaffende Künstler*innen weitergeben, profitieren wir als Institution „Dommusik“ nicht.
Wir versuchen unsererseits die bei uns angestellten Honorarkräfte und viele Musiker*innen durch regelmäßige Beschäftigung und Engagements durch diese Krisenzeit zu begleiten und zu unterstützen, wo immer es geht.

Was glaubst Du, wie sich die derzeitige Situation auf die Zukunft für Kulturschaffende bzw. die Veranstaltungsbranche auswirkt?

Einerseits wird der gesamte Laienmusikbereich, meiner Meinung nach, recht geschwächt aus dieser Corona-Zeit hervorgehen. Viele Chöre, Orchester, Blaskapellen u.ä. werden sich neu formieren und finden müssen.
Andererseits freuen sich alle bisher engagierten Personen ganz sicher auf ein gemeinsames Musizieren in großer Gemeinschaft und sehnen dies herbei.
Neben den hohen Infektionszahlen sehe ich ein weiteres gesellschaftliches Problem auf uns zukommen: eine Art große Depression. Ich denke nicht nur, dass die Krise bei den Kulturschaffenden Auswirkungen hat, sondern auch deutlich bei denjenigen, die gerne Konzerte, Theater und Clubs besuchen: Wollen die Menschen künftig zurück in eine frühere Normalität, in der man dicht an dicht in der Oper, Konzerthaus oder Kirche nebeneinander sitzt? 

Was erwartest Du von der Politik für die Zeit nach Corona?

Eine der alle Bürgerinnen und Bürger treffenden Auswirkungen der Corona-Krise sind zu erwartende schwindende Finanzmittel in den kommenden Haushalten des Landes, der Kommunen und der Kirchen. Deshalb braucht es ein klares Bekenntnis der Politik und der kirchlichen Verantwortungsträger zur Kultur in den nächsten Jahren!
Kunst und Kultur ist nicht Unterhaltung und nicht dem Freizeitbereich zuzuordnen.
Kultur und Musik stiften Gemeinschaft, tragen zum Wohlbefinden der Menschen bei und sind für den Zusammenhalt der Gesellschaft von großer Wichtigkeit.
Die professionellen Kultureinrichtungen wie die Staats- und Kommunalorchester, die Theater mit all ihren Sparten, die Musikfestivals, die freie Szene, die Kirchenmusik und der öffentlich-rechtliche Rundfunk leisten ebenso wie die Laienmusik einen unschätzbaren Beitrag für unser Gemeinwesen. Diese gilt es weiterhin nach Kräften zu fördern. 


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