Vier Fragen an Birgit Glas


Wie erlebst Du die Zeit der Corona-Krise? Wie wirkt sich das auf Deinen Alltag und Dein Schaffen aus?

Als Musikpädagogin kann ich glücklicherweise weiterhin Online-Unterricht anbieten. Hierbei bin ich den Schüler*innen und deren Eltern sehr dankbar für ihre Unterstützung und Flexibilität. Auch von vielen Familien gab es in diesem Zusammenhang positive Rückmeldungen über die Fortführung des Instrumentalunterrichts. Zudem geht mein Dank an die Leitungsteams der städtischen Musikschule und der Dommusik, die das Lehrerkollegium vor allem im letzten Frühjahr umfassend unterstützt haben. Dass der Organisationsaufwand rund um die Lehrtätigkeit in der Lockdown-Phase deutlich gestiegen ist, nimmt man dafür gerne in Kauf.
Von verschiedener Seite war zu hören, dass die Kontaktreduzierung Zeitressourcen freigegeben hat für ständig verschobene Vorhaben oder Hobbys. Davon träume ich noch heute! Denn die Mehrarbeit im beruflichen Bereich und noch die Betreuung meines Sohnes im Homeschooling waren mehr als nur zeitraubend.
Mein zweites berufliches Standbein - die Arbeit als Orchestermusikerin - ist in diesem Jahr leider fast komplett zum Erliegen gekommen. Reihenweise wurden Konzerte abgesagt, ein völliges Desaster! Auch die fünf geplanten Konzerte mit meinem Streichquartett, die auf 2021 verschoben werden konnten, sind nun Anfang Dezember vom Veranstalter - dem Zentralrat der Juden - allesamt untersagt worden! Einfach frustrierend!

Es wurden jede Menge Hilfspakete geschnürt – auch für Kulturschaffende und die Veranstaltungsbranche. Funktioniert das für Dich?

Die Hilfspakete greifen bei mir nicht, weil ich ja auch in Corona-Zeiten durch meine Lehrtätigkeit eine Einkommensquelle habe und daher die Antragsvoraussetzungen nicht erfülle.

Was glaubst Du, wie sich die derzeitige Situation auf die Zukunft für Kulturschaffende bzw. die Veranstaltungsbranche auswirkt?

Natürlich kann der Unterricht überwiegend digital weitergeführt werden. Da aber zu befürchten ist, dass es noch einige Monate dauern wird, bis sich die Lage entspannt, rechne ich z.B. auch als Leiterin des 'Jungen Orchesters' nicht mit Auftrittsmöglichkeiten vor dem Sommer. Im letzten Jahr hatten wir einige Termine in Seniorenheimen; die vereinbarten Auftritte in diesem Jahr mussten natürlich zum Schutz aller abgesagt werden.
Auch als Orchestermusikerin rechne ich in der ersten Jahreshälfte mit wenigen Engagements. Vor allem Projekte mit Chören werden situationsbedingt nur auf Sparflamme stattfinden können. Ich hoffe, dass wenigstens im Spätjahr einige Chorleiter wieder den Mut haben werden, Konzerte zu stemmen. Aus finanzieller Sicht werden sie zurückhaltend planen müssen - wer kann es ihnen verdenken: Denn die Erfüllung aller Auflagen und die zu erwartende geringere Besucherzahl bremsen vieles aus.
Insgesamt befürchte ich, dass über lange Zeit die Leichtigkeit, die unbeschwerte Kreativität, die Essenz der Branche leiden wird.

Was erwartest Du von der Politik für die Zeit nach Corona?

Zunächst wünsche ich mir in der Musikschule ein stabiles W-Lan, denn auch zu normalen Öffnungszeiten gibt es immer wieder Schüler*innen, die aus organisatorischen Gründen und in letzter Zeit auch quarantänebedingt nicht zur Musikschule kommen konnten. Dass dann der Unterricht nur eingeschränkt möglich ist, ist einfach nervig.
Außerdem wären klare und längerfristige Vorgaben der Politik - meist geht es hier ja um Einschränkungen - hilfreich für alle Kulturschaffende.


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